Vorgehenshinweise für Personalentwickler und Firmeninhaber.
Die Personalausfallkosten wegen psychischer Erkrankung aus dem Arbeitsplatz heraus, Burnout und stressbedingter Erkrankungen werden in Deutschland auf jährlich mehr als 11 Milliarden € geschätzt, die Produktionsausfallkosten liegen bei jährlich etwa 70 Milliarden € (Burnout Diagnostik Institut München, 2020)
Die bisherigen Vorgehensweisen reichen nicht aus und sind zuwenig erfolgreich, weil sie der Komplexität des Themas, und der Vielfalt der betroffenen Biografien und Menschentypen bisher nicht ausreichend gerecht werden. Bisher gab es außerdem zu wenig einfache und damit in der persönlichen und innerbetrieblichen Weiterbildung gangbare Lernwege zur besseren individuellen Selbststeuerung.
Wir sind dabei, dies zu ändern!
Die von mir empfohlenen und erprobten Vorgehensweisen lassen sich am ehesten mit einem Bild aus der Technik, einem Schüttelsieb zur Trennung unterschiedlicher Gemengelagen vergleichen.
Schüttelsiebe kommen in Banken zur schnelleren Sortierung von Münzgemengen zum Beispiel aus Sammelbüchsen zum Einsatz: der Inhalt der Büchse wird in eine Serie von „rüttelnden Sieben“ unterschiedlicher und abnehmender Lochgröße geschüttelt und sortiert sich dadurch fast von allein – alle Münzen einer bestimmten Größe werden zurückgehalten, die kleineren Münzen fallen auf das nächste Sieb.
Auch bei den Mitarbeitern, denen wir zu einer besseren Umgang mit Anspannung verhelfen wollen, haben wir eine unklare Gemengelage. Persönlichkeitsrechte und Datenschutz erschweren die Diagnostik und die Selbsterkenntnis zusätzlich.
Erste Ebene: Neue Wege, nützlich für alle
Mein Vorschlag ist, allen Mitarbeitern ein einfaches Stressvermeidung-Cockpit beizubringen, die grundsätzliche Idee der Kurzzeit-Entspannungsmethoden und den Gedanken, dass nicht allen dasselbe hilft, sondern dass es darum geht, jedem das zu geben, was er individuell braucht. Der Selbsteinschätzungsbogen vermittelt die Frühwarnsignale und ist gleichzeitig eine einfach anwendbare, gut erprobte Methode zur sofortigen Positionsbestimmung „im Stress“. Die Erfahrung zeigt, dass sehr vielen Mitarbeitern dieses Dazugelernte und Selbstausprobierte bereits dauerhaft wirksam hilft.
Wunderbar, das war ja unser Ziel (Erste Sieb-Ebene).
Zweite Ebene, nach Bedarf und Selbsteinschätzung
Für Mitarbeiter, die noch keine Verbesserung an sich feststellen, und eventuell für die trotz Verbesserung noch Lernhungrigen gibt es weitere unterstützende Maßnahmen, z.B. die Erprobung individuell-paßgenauer Entspannungsmethoden mit Unterstützung eines Anspannungsmessgerätes, identifizieren von Stressoren im Gespräch und durch Muskeltests, Hilfestellung und Ermunterung beim ausprobieren neuer, bisher unerprobter Entspannungs-Vorgehensweisen. Dieses wird weiteren Teilnehmern helfen, sich in der Selbststeuerung im Stress zu verbessern. Wunderbar, das war ja unser Ziel (Zweite Sieb-Ebene).
3. Ebene: Früherkennung wirklich gefährdeter Mitarbeiter*innen. Individuelle Hilfe, Lernunterstützung und Begleitung auf Zeit sind nun parallel zum Job möglich.
Die Gruppe derer, die nach der zweiten Phase immer noch nicht ausreichend Verbesserungen verspürt, wird nochmals deutlich kleiner sein. Weil sie jedoch im Vorlauf zweimal miterlebt haben, dass andere Menschengruppen persönliche Verbesserungen erfahren haben, werden hier zwei wichtige Effekte eintreten:
- „Nicht jedem dasselbe, sondern jedem, was er braucht“ als Botschaft wird sehr viel deutlicher und glaubwürdiger geworden sein.
- Gleichzeitig wird durch das Erleben, dass es immer die anderen waren, bei denen spürbare Verbesserungen eintraten, das Erkennen befördert, dass der eigene Fall wohl doch etwas anders gelagert ist … Dieser gruppendynamische Effekt hat sich in der bisherigen Praxis, z.B. mit Studenten der Universität Stuttgart und in einem Pilottest in einem Unternehmen - als wichtige Unterstützung erwiesen.
Diese im Verhältnis zur Ausgangsmenge sehr kleine Gruppe (1 – 2 %) wird ohne weitere Hilfestellung burnoutgefährdeter bleiben als die ersten beiden Gruppen. Es ist ein großer menschglicher (und auch wirtschaftlicher!) Vorteil, sie bereits identifiziert zu haben, um präventiv weitere Hilfestellungen anbieten zu können, obwohl sie z.T. bisher kaum (z.B. durch Fehlzeiten, Reinzbarkeit oder Konzantrationsmängel) „auffällig“ geworden sind.
Vorsorgen ist wirkungsvoller (und erheblich kostengünstiger!) als heilen.
In aller Regel ist auch durch die bisherigen Vorgehensweisen eine gute Vertrauensbasis zur Trainer*in entstanden und die Tür für passgenaues Einzelcoaching (z.B. 1 – 3 Sitzungen) ist weit offen.
Fazit
Auf die beschriebene Art und Weise lassen sich große Menschengruppen effizient, kostenwirksam und nachhaltig weiterbilden und begleiten, ohne dass jemand zurückbleibt oder herausfällt.