„Mama, wie lange bist du schon mit Papa verheiratet?“ – „Zehn Jahre.“
Die Kleine grübelt. – „Und wie lange musst du noch?“
Wer sich an ein Entspannungsmessgerät anschließt und, ohne an etwas Belastendes zu denken, negative Worte sagt wie zum Beispiel „Ich habe ein Problem“, „müssen“, „Steuernachzahlung“, „Versagen“, „Unglück“ und Ähnliches, wird rasch feststellen können, dass das Aussprechen dieser Worte unseren Körper ganz offensichtlich messbar belastet.
Der umgekehrte Versuch mit Worten wie „Glück“, „Lachen“, Loslassen“ bewirkt das Gegenteil in unserem Körper: Entspannung und Entlastung.
Interssanterweise funktioniert das auch bei anderen, selbst wenn diese ihr bewusstes Denken auf andere Themen richten und garnicht zuhören: Ausgesprochene negative Worte bewirken messbare innere Stressreaktionen bei anderen Menschen, auch wenn deren Bewusstes Denken anderswo weilt (oder - Sonderfall im Krankenhaus - wenn das Bewusstsein zur Vorbereitung einer Operation medikamentös betäubt wurde.)
Bewusst verwendete positive Sprache, ja schon die Vermeidung von negativen Ausdrücken sind also interessante Ansatzpunkte, um sich selbst in einen - erwünschten - Entspannungs-Modus zu bringen.
Am deutlichsten wird diese Möglichkeit bei der Verwendung des Wortes „Müssen“.
Unser Körper reagiert auf bisherige "Müssen-Situationen": Wer hat zu uns als Erster gesagt „du musst“? „Warme Socken anziehen“, „immer Spinat essen“, „um elf daheim sein“? Hat uns das gefallen? Nein!!
Wenn jemand also sagt:“ Ich muss jetzt einkaufen, dann muss ich kochen, dann muss ich ins Bett und morgen früh muss ich wieder zur Arbeit“, wie groß ist dann sein innerer Freiheitsgrad, und welches Selbstbild signalisiert er nach außen (und gegenüber seinem eigenen Unterbewusstsein)?
Er könnte anstatt auch sagen: „Ich gehe jetzt einkaufen, dann werde ich kochen, dann gehts ins Bett und morgen früh wieder zur Arbeit.“ Durch das einfache Ersetzen von „müssen“ durch „werden“ kommt eine entlastende Lockerheit in die zukünftigen Aufgaben.
Es ist nicht immer ganz einfach, eigene Sprachgewohnheiten zu ändern, aber auch, wenn es ihnen gelingt, die Anzahl der täglichen „Müssen“- Formulierungen auf die Hälfte zu reduzieren, ist schon viel gewonnen.
„Müssen“-Formulierungen sind außerdem ein gutes Früh-Warnsignal für innere Anspannung – aber nur, wenn man die Verwendung der "Müssen"-Formulierungen bei sich selbst überhaupt bemerkt.
In Verhandlungssituationen sind plötzlich auftretende „Müssen“-Formulierungen ein sicheres Indiz, dass man sich jetzt dem Knackpunkten der Verhandlung annähert.
Kolleginnen und Kollegen, die häufig „müssen“ sagen, sind mehr gestresst als die, die es selten oder garnicht sagen. Das kann ein wichtiges Frühwarnsignal sein für Führungskräfte, die ihre Fürsorgepflichten ernst nehmen.